Die Ethik des Aristoteles – Kurzdarstellung

Für Aristoteles ist das Glück das höchste Gut, das der Mensch erreichen kann. Um glücklich zu werden, bedarf es, so Aristoteles, einer Reihe von Gütern. Zu diesen Gütern zählen nach Aristoteles auch die Tugenden. Aristoteles unterscheidet zwei Arten von Tugenden. Die eine Art von Tugend betreffe den Geist bzw. den rationalen Seelenteil. Die Tugenden, die den Geist betreffen, bezeichnet Aristoteles als dianoetische Tugenden. Im Idealfall besitze der Mensch zwei dianoetische Tugenden. Die eine dianoetische Tugend sei die Weisheit, die andere die Klugheit. Die Weisheit beziehe sich auf die Dinge, die unveränderlich seien. Zu den unveränderlichen Dingen zählt Aristoteles die Götter. Die andere dianoetische Tugend sei die Klugheit. Die Klugheit beziehe sich auf die veränderlichen Dinge; die Klugheit ordne auch an, sich gemäß des mittleren Habitus zu verhalten. So ordne die Klugheit z. B. an, tapfer zu sein. Denn die Tapferkeit sei der mittlere Habitus zwischen der Feigheit einerseits und der Tollkühnheit andererseits.

Die Klugheit ordne aber auch an, mäßig oder besonnen zu sein. Denn die Mäßigkeit stelle auch einen mittleren Habitus dar: nämlich den, weder zu viel, noch zu wenig Lust für die Dinge zu empfinden, die taktil und lustvoll seien. Die Mäßigkeit sei dabei die Mitte zwischen der Empfindungslosigkeit und der Unmäßigkeit. Der Empfindungslose empfinde nämlich zu wenig Lust für das taktil Lustvolle, der Unmäßige empfinde hingegen zu viel Lust.
Die Klugheit ordne aber auch an, freigiebig zu sein. Die Freigiebigkeit sei auch eine Mitte. Denn der Freigiebige stehe zwischen dem Knauser einerseits und dem Verschwender andererseits. Während der Freigiebige das Geld im rechten Maß ausgebe, gebe der Knauser zu wenig Geld und der Verschwender zu viel Geld aus.

Aristoteles zählt in der Nikomachischen Ethik insgesamt zehn Mitten auf. Ein Mensch, der im Umgang mit Gefahren mutig, im Umgang mit dem taktil Lustvollen mäßig und auch auf jedem anderen Feld einen mittleren Habitus habe, nennt Aristoteles gerecht. Die Gerechtigkeit ist deshalb, so Aristoteles, eine Tugend, die den anderen Einzeltugenden (wie der Tapferkeit) übergeordnet ist.

Der Habitus, mutig zu sein, mäßig zu sein und freigiebig zu sein, bezögen sich auf den Charakter des Menschen. Deshalb sind die Tapferkeit, die Mäßigkeit und die Freigiebigkeit für Aristoteles ethische (charakterliche) Tugenden.

Die dianoetischen und ethischen Tugenden sind nach Aristoteles notwendig, um glücklich zu werden. Doch um glücklich zu werden bedürfe es weiterer Güter. Aristoteles nennt diese Güter, die im Gegensatz zu Weisheit, Klugheit und Gerechtigkeit keine seelischen Güter seien, körperliche und äußere Güter. Die Gesundheit sei ein körperliches Gut. Das wichtigste äußere Gut sei die Freundschaft; zu den äußeren Gütern, die für ein glückliches Leben notwendig seien, zähle auch ein mittlerer Besitz.

Erst wenn alle diese Güter vorhanden seien, nämlich die Tugenden des Geists und des Charakters, die Gesundheit, die Freundschaft und ein mittlerer Besitz, stelle sich das Glück ein.

Felix H.

Literaturempfehlungen:

Aristoteles: Eudemische Ethik, übersetzt und kommentiert von Fr. Dirlmeier, in: Aristoteles, Werke in deutscher Übersetzung, begründet von E. Grumach, hrsg. von H. Flashar, Bd. 7, Berlin 41984.

Aristoteles: Magna Moralia, übersetzt und kommentiert von Fr. Dirlmeier, in: Aristoteles, Werke in deutscher Übersetzung, begründet von E. Grumach, hrsg. von H. Flashar, Bd. 8, Berlin 51983.

Aristoteles: Nikomachische Ethik, übersetzt und herausgegeben von Ursula Wolf, Reinbek 52015.

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